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Neue Entwicklungen im Kaufrecht

Der Züchter als Unternehmer und die Frage, wann ein Jungtier fehlerhaft im Sinne des BGB ist

© 2006 Rechtsanwalt Philipp Heiermann

In den letzten zwei Jahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) mehrere Entscheidungen gefällt, die für jeden Hundezüchter von entscheidender Bedeutung sind.

Zum einen hat der BGH ganz klar formuliert, dass auch ein Züchter (im vom BGH entschiedenen Fall handelte es sich um einen Pferdezüchter), der das Hobby ohne Gewinnerzielungsabsicht betreibt und die Einnahmen lediglich zur Kostendeckung verwendet, Unternehmer im Sinne des BGB sei.
Bis dato konnte man mit Verweis auf den Gewerbebegriff, der dem Unternehmerbegriff des BGB sehr nahe steht, stets versuchen, die Haftung als Unternehmer abzuwenden, wenn man nachweisen konnte, dass man keinerlei Gewinnerzielungsabsicht bei der Zucht hatte. Dieser Weg ist nun verbaut. Der BGH hat klargestellt, dass die Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist, um Unternehmer im Sinne des BGB zu sein. Unabhängig davon, ob dieses Merkmal auch für den Gewerbebegriff noch so seine Gültigkeit habe, sei es zum einen für den Käufer jedenfalls oft nicht erkennbar, inwieweit der Züchter eine solche Absicht verfolge. Zum anderen dürfte auch das Informationsgefälle des normalen Käufers gegenüber dem Züchter für eine Unternehmerposition sprechen.

Die Konsequenzen hierfür sind weit reichend, soweit der Käufer nicht selber Unternehmer ist (dies dürften typischerweise nur andere Züchter sowie gewerbsmäßige Hundehändler – an letztere untersagt die Zuchtordnung des DWZRV e.V. ohnehin die Abgabe – sein). Zum einen sind die Bestimmungen des Verbraucherkaufrechts (§§ 474- 479 BGB) anwendbar. Zum anderen unterliegt ziemlich jeder Vertrag, der klauselartige Inhalte hat, der Kontrolle der Regelungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 305-310 BGB.

Im einzelnen: ein Gewährleistungsausschluss ist unmöglich. Der Käufer hat unvermeidbar die vollen Rechte aus der Gewährleistung (die bei neuer „Ware“ 2 Jahre läuft), die das Kaufrecht ihm einräumt. Der § 475 BGB schiebt auch Konstruktionen, die dieses Verbot der Beschneidung der Käuferrechte anderweitig umgehen sollen, einen Riegel vor. Einzig die Haftung für Schadensersatz kann nach Maßgabe der Regelungen zu allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden – was dem Züchter auch nur geraten werden kann. Nach Maßgabe der allgemeinen Geschäftsbedingung heißt hier, dass die Klausel weder überraschend formuliert sein darf noch dass sie unbillig den Käufer benachteiligt. Sinnvoll kann hier der Ausschluss der Haftung der einfachen Fahrlässigkeit sein, den man sich nach Möglichkeit im Vertragsdokument separat unterschreiben lässt, da man hier selten eine Übervorteilung des Käufers ansehen kann, insbesondere, wenn man dies mit dem Gedanken der Hobbyzucht abwägt (ein Hobby-Züchter muss nicht dieselben Risiken tragen wie ein Unternehmer, der mit Gewinnerzielungsabsicht am Markt operiert).
Es ist weiterhin absolut zu empfehlen, bei Welpen, bei denen bestimmte Defekte schon erkennbar und dem Käufer bekannt sind, diese genau im Kaufvertrag festzuhalten.

Sofern das Tier, welches Vertragsgegenstand wird, noch als neu anzusehen ist, gilt darüber hinaus eine Gewährleistungsfrist von 2 Jahren, die man nicht verkürzen kann. Dabei soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass nur für solche Fehler zu haften ist, die bereits im Übergang des Tieres vorhanden waren (dies werden primär neben Erkrankungen, die zu diesem Zeitpunkt direkt bestanden, vor allem zu Tage tretende genetische Defekte sein).

Zur Frage, wann ein Tier als neu anzusehen ist, hat sich der BGH in einer brandneuen Entscheidung vom 15.11.2006 geäußert. Leider liegt von diesem Urteil bisher nur die Pressemitteilung vor.
In dem zu entscheidenden Fall war umstritten, ob ein auf einer Auktion verkauftes Fohlen im Alter von 6 Monaten noch als neu anzusehen war. Der BGH hat dies bejaht und dabei die Meinung verworfen, ein Tier seit stet als gebrauchte Ware anzusehen. Dabei hat das Gericht offen gelassen, ob es darauf ankomme, ob ein Tier bereits in der Verwendung sei (bspw. als Zucht- oder im Fall des Pferds als Reittier, auch die Ausstellung oder das Rennen könnte hier in Betracht kommen). Ein junges Haustier sei jedenfalls nicht als gebraucht anzusehen.
Das Urteil beantwortet sicherlich einige Frage, wirft aber auch neue auf. Nach dieser Rechtsprechung dürften Welpen, die nach dem üblichen Abgabetermin (10-12 Wochen) verkauft werden, mindestens in den ersten Monaten als neu im Sinne des Gesetzes zu gelten haben. Mutmaßlich wird man dies auch für Welpen im Alter von 6-9 Monaten sagen können. Wo man jedoch an die genaue Grenze stößt und einen „gebrauchten“ Hund abgibt, ist nur schwer zu beurteilen. Für eine 6 Monatsgrenze könnte sprechen, dass ab diesem Zeitpunkt die Ausstellung möglich ist. Allerdings zählt der Hund dann nach wie vor als Junghund (Jüngstenklasse). Möglicherweise kann man die Grenze erst dort ziehen, wo man den Hund als Heranwachsenden bezeichnen kann (sprich, wenn er in der Zwischen-klasse gemeldet werden kann

Man sieht, die Abgrenzung wird schwierig. Letztendlich wird man hier wohl abwarten müssen, wie die Instanzgerichte mit dieser Rechtsprechung umgehen, wobei erschwerend hinzutreten kann, dass die Lebensspannen und Entwicklungsphasen der einzelnen Rassen sich doch recht deutlich unterscheiden.

Ein letzter Punkt ist nun, inwieweit die Vermutung, dass ein Mangel, der binnen 6 Monate nach Gefahrübergang an einer neuen Sache auftritt, schon zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, also zu dem Zeitpunkt, wo das Tier dem Käufer übergeben wird, vorhanden ist. Der BGH räumt hier ein, dass ein Tier anders als eine normale Sache einer stetigen Veränderung hinsichtlich der körperlichen und gesundheitlichen Verfassung unterliegt, die die gesetzliche Vermutung, der Mangel sei bei Gefahr-übergang vorhanden, nicht in jedem Falle auslösen könne. Gleichwohl sei ein grundsätzlicher Ausschluss der Vermutungsfiktion des Gesetzes beim Verkauf von Tieren nicht zulässig, da auf diese Weise die Verbraucherrechte aufgrund der Beweislage faktisch sehr stark beschnitten werde. Hiermit bestätigt der BGH letztendlich die bereits vor allem im Zusammenhang mit Pferden bestehende differenzierende Rechtsprechung der Instanzgerichte.
Insofern wird wohl vor allem auf die Art des Mangels abzustellen sein. Kurzfristig auftretende Erkrankungen werden diese Vermutungswirkung nicht auslösen können. Die Beweislast wird sich demnach je nach Art der Erkrankung auf die eine oder die andere Seite verlagern.

BGH VIII ZR 173/05, das Urteil ist unter www.bundesgerichtshof.de unter diesem Aktenzeichen im Volltext abrufbar.

BGH VIII VR 3/06, Urteil ist noch nicht auf der Seite des BGH veröffentlicht.